Bernd Hoppmann

13. Nov. 20214 Min.

Liverpool

Mit ca. 500.000 Einwohnern ist Liverpool nach London und Birmingham Englands drittgrößte Stadt. Allerdings zählt sie auch zu einer der 10 ärmsten Städte des Vereinigten Königreichs. 280 km nordwestlich von London an der Mündung des Flusses Meresy gelegen ist Liverpool immer noch ein bedeutender Hafen, der aber seit Ende des Zweiten Weltkriegs und insbesondere mit dem neoliberalen Kurs der Thatcher Regierung deutlich an Wirtschaftskraft verlor.

Spaziert man durch Liverpool sieht man viel vom Niedergang der Stadt. Aber noch viel mehr spürt man den Willen der Einwohner - den Liverpudlians - ihre Stadt zu einer lebendigen, lebensfrohen Metropole zu reaktivieren.

An der Waterfront entstanden zahlreiche neue Museen, darunter das Museum of Liverpool, das durch seine Architektur zwar im Kontrast zu den Ziegelsteinbauten entlang des Albert Docks steht, aber das Hafenviertel enorm bereichert.

Museum of Liverpool

Nur wenige Meter nördlich des Museums of Liverpool befindet sich das 1911 für die Royal Liver Assurance fertiggestellt Royal Liver Building. Es war einst eines der größten Hochhäuser Großbritanniens und das erste, dass in Stahlbetonbauweise entstand. Seine beiden Glockentürme besitzen Uhren mit einem Zifferblattdurchmesser von 7,6 Metern. Sie sind damit größer als die Uhren des Palace of Westminster in London. Auf der Spitze der Glockentürme stehen Bella und Bertie, zwei Liverbirds - vogelartige Fabelwesen. Erschaffen hat sie der deutsche Carl Bernard Bartels. Obwohl schon lange in England lebend, wurde Bartels mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs inhaftiert und auf der Isle of Man für die Dauer des Krieges festgehalten.

Royal Liver Building

Im Zweiten Weltkrieg wurden große Teile Liverpools durch die Luftwaffe des Deutschen Reichs zerstört. Die Spuren des Liverpool Blitz - oder einfach nur the Blitz - sind in Liverpool noch zu finden.

Panoramaaufnahme der Bombenzerstörung während des Zweiten Weltkriegs

Über 4.000 Menschen verloren ihre Leben während der Bombenangriffe, weil Liverpool ein strategischer Hafen für den Atlantikkrieg war. Auf dem Gelände der Liverpool Parish Church befindet sich das Blitz Memorial. Es zeigt eine Mutter mit Baby im Arm, die versucht, ihren verspielten Sohn in den Schutzkeller zu ziehen, während dieser lieber mit seinem Flugzeugmodell spielt.

Blitz Memorial

Eine markante Landmarke, die von vielen Punkten in Liverpool gut zu sehen ist, ist die Liverpool Cathedral. Sie wurde zwischen 1904 und 1978 erbaut und ist eine der imposantesten Kirchengebäude Europas.

Liverpool Cathedral

Mit 189 m Länge ist sie die längste Kirche der Welt. Durch ihren einschiffigen Kirchenbau wirkt sie volumiger als z.B. der Kölner Dom.

Innenansicht mit Altar und Orgel

Ich war während einer Chorprobe und zu Beginn eines Gottesdienstes in der Kathedrale und war von der einzigartigen Akustik sowohl vom Chorgesang als auch der Orgel beindruckt.

Einzug des Kirchenchors

Baltic Triangle

Wenige Meter westlich der Liverpool Cathedral befindet sich das ehemalige Industrieviertel Baltic Triangle. Hier spürt man die Aufbruchstimmung Liverpools. Entlang der Jamaica Street haben sich in alten Lagerhäusern zahlreiche Start-ups, Bars und Kneipen sowie Künstler angesiedelt.

Alte Gewerbehäuser in der Roscoe Street

Es ist auch das Viertel für Street-Art in Liverpool. An fast jedem Haus befinden sich Graffitis - von einfachen Tags bis hin zu kompletten Fassadenbemalungen. Natürlich dürfen auch die Fab Four nicht fehlen. Die Beatles stammen aus Liverpool. Ein Großteil ihrer Lieder sind hier entstanden und natürlich finden sich in ihren Liedern Orte in Liverpool wieder, wie Panny Lane oder Strawberry Fields.

Beatles

Eines der bekanntesten Graffitis in Liverpool ist das Liver Birds For All.

For All Liver Pool's Liver Birds

Was wäre Liverpool ohne seinen Fußball? Mit dem FC Everton und dem FC Liverpool spielen zwei Vereine in der Premier League. Und wer kennt sie nicht - die Stadionhymne der Anfield Road "You'll never walk alone"? Es wundert also nicht, dass Jürgen Klopp ebenfalls als Street Art verewigt ist.

Kloppo

New Bird Skatepark

Seit 2020 ziert eine Wandmalerei des Brasilianisches Künstlers Liam Bononi eine Wand des Wedding Houses . Es stellt einen Menschen dar, der sich durch Veränderung zum Positiven wandelt. Ausdrucksstarke Augen und Hände sind ein Markenzeichen von Bodonis Wandmalereien.

Wandmalerei von Liam Bodoni

Arbeiterviertel

Bereits im Januar 1942 waren 2/3 aller Wohngebäude in Liverpool teilweise oder ganz durch die Bombardierung der Deutschen zerstört. Der Bedarf an Wohnungen wurde durch ein gewaltiges städtisches Wiederaufbauprogramm gedeckt. Es entstanden - wie bereits vor dem Zweiten Weltkrieg - einfache Reihenhaussiedlungen.

Reihenhäuser in der Toxteth Crove

Wie klein solche Reihenhäuser waren zeigt das folgende Bild. Im Untergeschoss befindet sich lediglich der Flur und eine Wohnküche, während es oben ein Schlafzimmer und ein Bad gibt.

Reihenhäuser in der Grafton Street

Auch heute noch wohnen in Liverpooler Stadtteil Dingle viele Arbeiterfamilien in solch bescheidenen Verhältnissen.

Straßenszene im Liverpooler Stadtteil Dingle

Auf der Rückseite der einfachen Reihenhäuser befinden sich mehr oder weniger breite Gassen, in denen oft nicht mehr als die eigenen Mülltonnen Platz haben.

Reihenhausrückseite in Dingle, Liverpool

Auch die Infrastruktur in diesen Arbeiterviertel ist noch nicht auf dem neuesten Stand. Telefonmasten mit Leitungen zu den umliegenden Häuser findet man noch sehr häufig.

Telegraphenmast

Fazit

Liverpool hat sehr viel zu bieten. Bei guten Wetter lädt das Hafenviertel zum Spazieren ein. Zahlreiche historische Gebäude finden sich in der Innenstadt. Liverpool ist natürlich auch die Stadt der Beatles und das kreative Zentrum Englands. Will man auf den Spuren der Beatles wandeln, kann man eine Tour beim National Trust zu den Häusern buchen, in denen John Lennon und Paul McCartney aufgewachsen sind. Oder man versucht eine Platz im Cavern Club zu bekommen, der Ort an dem die Beatles fast 300 Mal aufgetreten sind. Und für jeden Fußballfan bietet sich ein Besuch in der Anfield Road an. Vielleicht trifft man ja Kloppo in den Katakomben.

640
0